München – Von 0 auf 100 km/h in 9,4 Sekunden, 130 PS und 190 km/h Spitze. Darüber können heute BMW-Kunden nur müde lächeln. Vor nicht einmal 50 Jahren aber entlockte das Datenblatt des BMW 2002tii den Schnellfahrern ein helles Strahlen. Der galt damals als sportliche Speerspitze der Bayern.
Zwar kam der 2002tii erst 1971 in den Handel. Doch seine Geschichte begann bereits 1962 mit dem Debüt der «Neuen Klasse». Sie hat BMW vor der drohenden Pleite gerettet und den Vorstand mit ihrem Erfolg zu einer weiteren Modellreihe inspiriert: Eine technisch weitgehend identische, aber deutlich kleinere Limousine sollte die 1600er-Reihe flankieren, schildert BMW-Classic-Sprecher Stefan Behr.
Und weil sie nur zwei Türen haben sollte, wurde dem 1600 in der internen Typologie einfach eine -2 angehängt, als er 1966 vorgestellt wurde. «Bereits im ersten Jahr produzierte BMW 13 244 Einheiten, 1967 erreichte der Zweitürer mit einer Auflage von 38 572 Stück fast schon die Viertürer-Produktion von 39 930 Exemplaren», zitiert Behr aus dem Archiv. In zwölf Jahren liefen rund eine Million Exemplare vom Band.
Auf der IAA 1967 kam der 1600ti («Turismo Internazionale») auf 77 kW/105 PS. 1968 wurde er mit einem Zweiliter-Triebwerk zum 2002, kurz darauf mit Solex-Doppelvergasern zum 88 kW/120 PS starken 2002ti. 1971 gab der 2002tii mit einem weiteren i für «Injection« seinen Einstand. Die Leistung stieg auf 96 kW/130 PS und das Drehmoment kletterte auf 178 Nm, die mit den mickrigen 990 Kilo der kleinen Limousine leichtes Spiel hatten. Vom Wolf im Schafspelz war die Rede. Obwohl er für jene Zeit stolze 12 765 Mark kostete, verkaufte er sich gut: Bis zur Ablösung 1973 durch den noch schärferen 2002 turbo entstanden fast 40 000 Exemplare. «Spätestens in dieser Zeit legt BMW den Grundstein für den bis heute aktuellen Slogan «aus Freude am Fahren»», erklärt Wolfgang Herz, Präsidiumsmitglied beim BMW 02 Club in Wuppertal.
Auch wenn heute fast jeder normale BMW stärker und schneller ist als der 2002tii, ist vom alten Biss noch viel zu spüren, wenn man mit der kleinen Limousine eine Runde dreht. Munter dreht der Motor, und vehement schiebt die Hinterachse das Leichtgewicht voran. Doch Vorsicht: Es ist nicht allein das riesig große und spindeldürre Lenkrad, das die Spurführung etwas schwieriger macht als bei modernen Autos. Sondern die ganze Straßenlage ist sehr viel fragiler. Den Bremsen fehlt es an Verbindlichkeit. Elektronische Fahrhilfen waren damals noch unbekannt. Wer mit dem Wolf tanzen will, muss deshalb höllisch aufpassen, sonst verbeißt er sich in den Straßengraben.
Neben dem hungrigen Rostfraß und den wilden 80ern, in denen der 02er vom Führerscheinnachwuchs als billiges Auto zum Heizen und Tunen geliebt wurde, ist das der Hauptgrund, weshalb der Bestand kontinuierlich abgenommen hat, erläutert Herz. Dennoch hält er den 02er für einen nahezu idealen Oldtimer. «Die Autos sind extrem zuverlässig, und man muss sich beim Losfahren keine Sorgen über das Ankommen machen», sagt er. «Die Ersatzteilversorgung ist besser als bei vielen anderen Volumenmodellen dieser Zeit.» Und abgesehen von der rostanfälligen Karosserie sei die Technik schier unverwüstlich.
«Sieht man einmal von 5000 Euro-Schnäppchen mit akutem Handlungsbedarf ab, gibt es vernünftige, fahrbereite Autos in einem soliden Zustand noch immer für 10 000 bis 12 000 Euro.» Allerdings müsse man für einen ti oder tii schon mit 5000 bis 8000 Euro mehr rechnen. Raritäten wie das Cabrio würden deutlich teurer gehandelt, sagt Herz und berichtet von Angeboten, die knapp ans Sechsstellige gehen.
Und als Dank für alles, was der 02er für das Unternehmen geleistet hat, haben ihm die Designer mit einem Hommage Car ein rollendes Denkmal gesetzt. «Denn dieses kompakte Coupé ist eines der Fahrzeuge, das die Marke zu dem gemacht hat, was sie heute ist», sagt Designchef Adrian van Hooydonk.
Fotocredits: Hardy Mutschler,Thomas Geiger,Hardy Mutschler,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,BMW,BMW
(dpa/tmn)