Berlin – Der Citroën Berlingo ist das erste Auto, das den Wandel vom reinen Handwerkerauto beziehungsweise Lieferwagen zu einem geräumigen Hochdachkombi mit praktischen Qualitäten für die ganze Familie vollzog.
Gemeinsam mit dem baugleichen Peugeot Partner zeichnete er einen Weg vor, den der in Deutschland weit populärere VW Caddy erst gehen musste. Doch Innovationskraft schützt vor anderen Problemen nicht: Der Berlingo ist in technischer Hinsicht ein eher unzuverlässiges Auto.
Der «TÜV Report 2017» schreibt zu den Familienkutschen aus Frankreich, sie gehörten zu den Mängelriesen bei der Kfz-Hauptuntersuchung (HU): «Sein Hersteller schafft es nicht, altbekannte Fehler auszumerzen.» Dazu gehörten der seit Jahren auftretende Ölverlust, außerdem brächen überdurchschnittlich oft die Federn. Mängel an Scheinwerfern und Rückleuchten treten ebenfalls häufiger auf, als bei anderen Autos, die zur HU vorfahren.
Gleiches gilt speziell beim Berlingo I für die Fußbremsen und beim neueren Modell für die Bremsschläuche. Ab dem siebten Jahr, also bei der dritten HU, tauchen die Bremsscheiben sehr oft in der Mängelliste auf. Auch pannenanfällig ist der komfortable Familienkasten.
In der einschlägigen Statistik des ADAC erreiche der Berlingo «nur mittlere bis unterdurchschnittliche Werte», heißt es beim Autoclub. Schwerpunkte sind demnach gerissene Kupplungsseilzüge sowie streikende Anlasser bei Exemplaren der Baujahre 2008 und 2009. Bei Dieselfahrzeugen von 2009 gehen öfters die Turbolader kaputt, bei Benzinern von 2012 sind es die Zündspulen.
Rückrufe gab es in den vergangenen zehn Jahren zwei, von denen in Deutschland aber nur wenige Autos betroffen waren. Auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover 1996 wurde der Berlingo I als eine Art Erbe der «Kastenente», dem 2CV-Lieferwagen vorgestellt. Neu war die Mischung aus Großraumlimousine und Lieferwagen, die bis heute besteht und das Auto mit dem riesigen Stauraum und den Pkw-ähnlichen Fahreigenschaften ausmacht.
Für Familien sinnvolle Merkmale wie Kindersitzösen, seitliche Schiebetüren oder ein Faltdach kamen im Laufe der Jahre hinzu, bevor 2008 der von 4,11 Meter auf 4,38 Meter gewachsene Berlingo II auf den Markt kam, der 2012 und 2015 leichte Modellpflegen erhielt und seitdem auch mit Touchscreen für Navigation und Infotainment, vorderen Einparksensoren sowie einem Notbremsassistent für den Stadtverkehr ausgestattet wird. Nach wie vor gibt es neben dem Kombi mit Seitenfenstern den Kastenwagen für Gewerbekunden.
Unter der Motorhaube wagte Citroën bereits 1998 die Elektrifizierung, als der Hersteller die Version Berlingo Electrique auf den Markt brachte, die 2014 auch von der Neuauflage folgte. Ansonsten konventionelle Kost: Im Berlingo II arbeiten ausschließlich Diesel- und Ottomotoren. Die Selbstzünder kommen je nach Baujahr und Ausführung auf 55 kW/75 PS bis 88 kW/120 PS. Die Benziner erreichen 66 kW/90 PS bis ebenfalls 88 kW/120 PS. Eine Erdgasversion, die es vom Berlingo I gegeben hatte, schaffte den Sprung in die zweite Baureihengeneration nicht.
Wer solch ein CNG-Fahrzeug kaufen möchte, kann den Berlingo Multispace 1,4i Plus Bivalent mit 55 kW/75 PS vom letzten Baujahr 2008 wählen, der laut Schwacke-Liste mit rund 3800 Euro gehandelt wird – bei rund 115 000 Kilometern an Laufleistung. Noch rund 9500 Euro müssen Interessenten für einen Berlingo Multispace HDi 75 Attraction von 2015 mit 55 kW/75 PS einplanen (circa 44 000 Kilometer). Noch um die knapp 12 000 Euro werden für einen Multispace VTi 95 Selection mit 72 kW/98 PS vom gleichen Baujahr fällig (knapp 30 000 Kilometer).
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(dpa/tmn)