Wolfsburg/München – Er ist sozusagen der Meister aller Klassen. Zwar hat seine Dominanz in den letzten Jahren gelitten, auch durch die Flut der Geländewagen auf deutschen Straßen.
Doch nach wie vor ist der VW Golf nach Zahlen des
Kraftfahrtbundesamts (KBA) in Flensburg mit allein 106 366 Zulassungen im ersten Halbjahr 2019 das mit Abstand meistverkaufte Auto in Deutschland.
Dem Kompakt-Primus Paroli bieten
Entsprechend groß ist die Spannung, wenn die Niedersachsen in diesem Herbst das Tuch von der achten Generation ziehen und die nächste Auflage an den Start bringen. Erst recht, weil der Golf erstens wieder viele Geschwister bei den anderen Marken des VW-Konzern bekommen wird. Und weil zweitens die Konkurrenz nicht schläft.
Sie will dem Kompakt-Primus mit neuen Modellen oder tiefgreifenden Überarbeitungen Paroli bieten. Anders als beim Sport tummeln sich in der PS-Welt auf dem Golfplatz viele Kunden: Gut jedes fünfte neue Auto, so weist es die KBA-Statistik aus, zählte im ersten Halbjahr zur Kompaktklasse.
Wie immer im VW-Konzern kommt eine neue Modellgeneration nicht alleine. Die Schwestermarken machen sich die neue Technik zunutze. So wird der Golf flankiert von den Neuauflagen von Skoda Octavia, Seat Leon und Audi A3, die nach Angaben der Hersteller alle binnen der nächsten neun Monate zu sehen sein werden.
Gegen diese Premierenflut wappnet sich die Konkurrenz. So hat Opel noch einmal den Astra überarbeitet, die Motoren aus der General-Motors-Ära aus- und stattdessen die Aggregate der neuen, französischen Konzernmutter PSA eingebaut. Jetzt nur noch mit Dreizylindern von 1,2 oder 1,5 Litern Hubraum und 77 kW/105 PS bis 107 kW/145 PS angeboten, geht der CO2-Ausstoß von Fünftürer und Kombi um bestenfalls knapp 20 Prozent zurück im Vergleich zu den vorherigen Modellen, so der Hersteller. Dazu gibt es ein paar Designretuschen am Grill und im Cockpit die Option auf digitale Instrumente.
Ford Focus ST
Während Opel aufs Sparen setzt, bringt Ford beim Focus ein sportliches ST-Modell: Steilheck und Kombi bekommen dafür ein strammes Fahrwerk und zwei potente Motoren. Der 2,0-Liter große Diesel leistet dem Hersteller zufolge 140 kW/190 PS und schafft bis zu 220 km/h, der 2,3 Liter große Benziner steht mit 206 kW/280 PS in der Liste und beschleunigt auf bis zu 250 km/h. Der Focus ST ist ambitioniert, aber lange nicht der König der Kraftmeier in der Kompaktklasse. Der kommt pünktlich zum Debüt des 8er-Golfs aus Affalterbach in Baden-Württemberg, wo AMG die Mercedes A-Klasse als A45 zum Supersportwagen im handlichen Format aufrüstet. Ein 2,0-Liter-Turbo mit bis zu 310 kW/421 PS macht die A-Klasse zum stärksten Auto im Segment.
Kia und BMW
Kia dagegen erweitert die Palette des Ceed um einen Crossover, der als XCeed mit mehr Bodenfreiheit und Plastikplanken in die Nähe der Geländewagen rückt und so um Lifestyle-Kundschaft buhlt. BMW startet im September mit zunächst fünf Motoren vom Dreizylinder-Diesel mit 85 kW/116 PS bis zum Vierzylinder-Benziner mit 225 kW/306 PS die jüngste Generation des 1ers. Sie ist dem Golf näher als je zuvor: Mit Blick auf das Platzangebot im Fond hat BMW sich vom Heckantrieb verabschiedet und setzt auf Frontantrieb.
Umbruch hat längst begonnen
Zwar kommt die Kompaktklasse noch einmal groß mit Dieseln und Benzinern heraus. Doch auch dieses Segment ist vor dem großen Strukturwandel der Autowelt nicht gefeit, der Umbruch hat längst begonnen. Auch dafür ist VW das beste Beispiel. Denn beinahe zeitgleich mit dem Golf lancieren die Niedersachsen mit dem ID.3 ihr erstes dezidiertes Elektroauto, das vom Anfang nächsten Jahres an ebenfalls in der Kompaktklasse antritt.
Und egal wie gut der neue Golf am Ende werden wird, sieht er gegenüber dem Stromer gefährlich alt aus. Das erinnert ein bisschen an den letzten Käfer, der sich gegen den ersten Golf behaupten musste. Das Ergebnis dieses Familienduells ist bekannt – und der Käfer mittlerweile Geschichte.
Fotocredits: Daimler AG,Ford,Volkswagen AG,Axel Wierdemann,Kia,Tom Kirkpatrick
(dpa/tmn)