Autobauer mit Ex-BMW-Managern fordert deutsche Marken heraus

Las Vegas – Ein in China angesiedelter neuer Autohersteller mit einem Kernteam aus Ex-BMW-Managern fordert die großen deutschen Marken heraus. Die Firma Byton zeigte auf der Technik-Messe
CES in Las Vegas erstmals einen Prototypen ihres Elektro-SUV.

«Unsere Wettbewerber sehen wir bei den großen deutschen Premium-Herstellern Mercedes, BMW und Audi», betonte Byton-Chef Carsten Breitfeld. Ein Markenzeichen des Wagens ist ein riesiger Touchscreen im Cockpit, der praktisch von Tür zu Tür geht.

Das Auto werde «genauso intuitiv zu bedienen sein, wie jedes andere smarte Gerät», versprach Breitfeld bei der Vorstellung des Wagens in Las Vegas. Zusätzlich zu dem großen Touchscreen mit Abmessungen von 1,24 Metern mal 25 Zentimeter soll es auch einen weiteren kleinen direkt im Lenkrad geben. Als Sprachassistent wird die Alexa-Software von Amazon integriert. Das Auto identifiziert den Fahrer über Gesichtserkennung. Dadurch sollen auch die Einstellungen unter anderem mit Hilfe künstlicher Intelligenz personalisiert werden.

«In der Vergangenheit war Ihr Auto schon veraltet als sie sich das nächste Telefon gekauft haben», sagte Breitfeld. Jetzt sei das Auto nicht nur für Software-Updates, sondern auch für einen Austausch von Sensoren vorbereitet. Bytons SUV solle das fortschrittlichste Auto auf dem Markt 2019 werden, setzte Breitfeld die Planke hoch.

Der Wagen soll in der Standard-Ausführung eine Reichweite von 400 Kilometern mit einer Batterieladung haben, in einer Version mit größeren Akkus soll sie bis 520 Kilometer gehen. Den Antriebsstrang und die Akkuzellen kauft Byton zu, entwickelt aber die Batteriepacks selbst, weil das eine Schlüsseltechnologie für das Geschäft sei.

Der Preis soll bei 45 000 Dollar liegen. Byton will sein erstes Modell zunächst Ende 2019 in China auf den Markt bringen. 2020 will Byton damit in die USA gehen – und in der zweiten Jahreshälfte dann auch nach Europa.

«Wenn man erfolgreich sein will, muss man relativ schnell bei Größenordnungen von mehreren hunderttausend Fahrzeugen pro Jahr landen», sagte Breitfeld. Das erreichen will die Firma auch mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis: Der Byton-SUV wäre mit rund 45 000 Dollar deutlich günstiger als heutige Modelle in der Klasse. «In China ist eine sehr große Mittelklasse unterwegs, die soviel Geld für ein Auto ausgeben will und kann», betont Breitfeld. China ist mit massiver staatlicher Förderung zum wichtigsten Markt für Elektroautos geworden.

Auf der technischen Plattform sollen danach noch zwei weitere Modelle «in relativ kurzer Taktung» gebaut werden – ein Sedan und ein Minivan. Byton sei von Anfang an als Weltmarke ausgerichtet: Schließlich würden iPhones auch in China produziert, auch wenn sie in Kalifornien entworfen werden.

«Wir betrachten unser Fahrzeug wesentlich mehr als eine Plattform als ein Auto», sagt Breitfeld. Die Idee ist, das Fahrzeug für Dienste und Angebote verschiedener Partner zu öffnen. Der Name lehnt an «Bytes on Wheels» an – Bytes auf Rädern.

Byton will dabei die Expertise aus dem klassischen Autobau unter einem Dach mit Technologie aus dem Silicon Valley verschmelzen. «Das Design und Fahrzeugkonzept machen wir in München, Elektronik und autonomes Fahren im Silicon Valley, Einkauf, Lieferkette und Produktion sind in China», erklärte Mitgründer und Chef Breitfeld. Er hatte bei BMW einst federführend am Elektro-Sportwagen i8 gearbeitet. Bei BMW waren auch Designer Benoit Jacob, Marketingchef Henrik Wenders sowie der Mitgründer und Byton-Präsident Daniel Kirchert. Außerdem konnte Byton Manager und Entwickler unter anderem von Tesla, Apple und Google zu sich holen.

Auch die deutschen Autohersteller kündigten in den vergangenen Monaten aber Elektroauto-Offensiven mit Dutzenden Modellen an. Und Breitfeld ist sich seiner Herausforderer-Rolle bewusst: «Wir müssen da schon unseren Respekt behalten. Da sind hunderttausende hervorragende Ingenieure unterwegs, da ist viel Geld dahinter, da sind sehr starke Marken.»

Byton will zumindest zunächst den Weltmarkt ausschließlich aus der chinesischen Fabrik versorgen. «Ich will nicht ausschließen, dass wir in Zukunft auch woanders produzieren», sagte Breitfeld. Aber eine endgültige Entscheidung darüber werde von verschiedenen Faktoren wie auch der Regulierung in verschiedenen Regionen abhängen.

Byton muss auf der CES auch gegen Skepsis ankämpfen: In den vergangenen zwei Jahren hatte an den Sonntagen vor Beginn der Messe die ebenfalls aus China finanzierte Firma Faraday Future ihre Prototypen vorgestellt – und ebenfalls große Versprechen gemacht. Inzwischen kämpft sie mit Problemen auf breiter Front, die Zukunft scheint ungewiss. Auch darüber hinaus ist die Liste gescheiterter reiner Elektroauto-Hersteller lang. Unter den Investoren von Byton sind unterdessen zwei chinesische Schwergewichte mit tiefen Taschen: Der Internet-Riese Tencent und der iPhone-Auftragsfertiger Foxconn.

Fotocredits: Andrej Sokolow
(dpa)

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