Frankfurt/Main – Die anhaltende Dieselkrise und drohende Fahrverbote überschatten die diesjährige
IAA. Auf ihrer großen Glitzer-Show (14. bis 24. September) versucht die Autoindustrie auch, davon abzulenken. Die Schwerpunktthemen der Messe:
– DIESEL: Noch viele Jahre werden Verbrennungsmotoren die Autos antreiben – das zu betonen, werden die deutschen Autobauer und Zulieferer nicht müde. Das schließt den Diesel ein, allerdings sinkt sein Marktanteil bei Neuwagen in Deutschland seit langem. Im Juli gab er auf 40,5 Prozent nach – das war im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Rückgang bei den Neuzulassungen um 12,7 Prozent.
Ein Grund: Immer neue Berichte über Abgas-Tricksereien, Differenzen zwischen Abgaswerten auf dem Prüfstand und im echten Verkehr sowie Debatten über Fahrverbote für ältere Dieselmodelle verunsichern. Die Branche versucht gegenzusteuern – wie jüngst auf dem Dieselgipfel, als die deutschen Autobauer versprachen, Millionen ältere Wagen per Software-Update nachzurüsten. Außerdem sollen Prämien den Kauf neuer Dieselfahrzeuge ankurbeln. Kritiker finden dies unzureichend.
Unter den Herstellern ist seit langem vor allem Volkswagen im Fokus. Der Konzern hatte im September 2015 eingeräumt, die Abgasreinigung von Millionen von Dieselmotoren manipuliert zu haben. Dies hatte den Konzern in eine tiefe Krise gestürzt – und über 20 Milliarden Euro gekostet. Das Diesel-Image hat seitdem schwer gelitten.
– ALTERNATIVE ANTRIEBE: Das E-Auto bleibt ein Mega-Trend – doch der Elektropionier Tesla ist mit seinem wichtigen Volumenmodell 3 bei der Messe nicht am Start. Anfang Juli begann die Serienproduktion des ersten günstigeren Wagens von Tesla. Für 2020 wird bei der Produktion die Millionen-Marke angepeilt. Ebenfalls ab 2020 sagt VW-Markenchef Herbert Diess nach früheren Angaben den Durchbruch für die Elektromobilität voraus – mit dem Start des VW-Hoffnungsträgers ID.
Mehr als 30 Elektrofahrzeuge bieten die deutschen Hersteller laut Branchenverband VDA als Serienmodelle an. Das Problem: Sie sind noch vergleichsweise teuer, und die Reichweiten genügen vielen Autofahrern nicht. Während es in Großstädten dichte Ladenetze gibt, ist die Abdeckung auf dem Land zudem noch dünn. Und weil die Ökobilanz vom Strommix abhängt, wird immer wieder etwa auf die Brennstoffzelle verwiesen. Diese sei ein «ewiges Zukunftsmodell», kritisierte Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer unlängst. «China als größter Markt der Welt wird es nicht nehmen.» Dort setze man auf das E-Auto.
– DIGITALISIERUNG: Digitale Kartendienste und Systeme, die für Autos individuelle Routen berechnen, um Staus zu vermeiden, Carsharing, Roboter-Busse und autonomes Fahren – die Digitalisierung hat die Branche fest im Griff. Das Internet erobert das Auto, Radartechnik und Kamerasoftware für autonome Fahrfunktionen werden immer wichtiger, wenn der Mensch langfristig das Steuer aus der Hand gibt. IT-Firmen wie Google, SAP und Facebook sind auf der Messe vertreten – denn die Daten-Giganten mischen kräftig mit, wenn künftige selbstfahrende Autos mit ihrer Umgebung Daten austauschen sollen.
Doch trotz der Tech-Schwergewichte fahren bislang deutsche Hersteller bei der Entwicklung autonomer Autos vorneweg. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft ergab kürzlich, dass 52 Prozent der weltweit angemeldeten Patente hier auf heimische Firmen entfallen. Unter den Top 10 sind demnach sechs Unternehmen aus Deutschland – davon vier Hersteller und zwei Zulieferer. Sie wurden oft dafür kritisiert, angeblich neue Trends verschlafen zu haben.
IAA
Die Internationale Automobilausstellung (IAA) gehört zu den größten Automessen der Welt. Veranstaltet vom deutschen Verband der Automobilindustrie (VDA) lockt die Pkw-Ausgabe in ungeraden Jahren regelmäßig hunderttausende Besucher in die Frankfurter Messehallen. Nutzfahrzeuge werden in geraden Jahren in Hannover gezeigt.
Die 67. IAA Pkw wird am 14. September unter dem Motto «Zukunft erleben» von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zunächst für das Fachpublikum eröffnet.
Im Jahr 2015 waren 932 000 Menschen bei der IAA zu Gast. 2017 sind rund 1000 Aussteller auf einer wegen Bauarbeiten geschrumpften Fläche von etwa 200 000 Quadratmetern dabei. Mehr als 50 Automarken sind vertreten, wenn auch einige Hersteller auf einen teuren Messe-Auftritt verzichten.
Fotocredits: Fredrik von Erichsen
(dpa)