Berlin – Die Rücksitzbank verschwindet per Fingertipp im Kofferraumboden: Allein diese Ausstattung zeigt, dass sich Renault auch beim aktuellen Scénic bemüht, den Ruf des Kompaktvans zu erhalten. Denn ein im Innenraum variables Auto war er schon immer – und auch recht zuverlässig.
Der Gebrauchtwagenkunde sollte bei Kauf eines Renault Scénic wissen, zu welchem Jahrgang er greift. «Neue haben die nötige Reife.» Mit diesen Worten überschreibt der «TÜV Report 2017» das entsprechende Modellkapitel. Es hapere sonst an der Langzeitqualität. Wenig stabile Lenkgelenke und polternde Achsen seien typisch für den Hersteller und seien verstärkt auch beim Scénic ab einem Alter von neun Jahren festzustellen.
Bei der dritten Generation mit der Typbezeichnung JZ (2009 bis 2016) schwächeln bei der zweiten Hauptuntersuchung (HU) nach fünf Jahren die Spurstangenköpfe. Bei den Bremsen schneidet der Scénic recht gut ab, nur bei der zweiten Generation JM (2003 bis 2009) seien die Bremsscheiben öfters verschlissen. Ein anderes Bild ergibt sich bei den jüngeren JZ-Autos: Bei der ersten HU schneiden diese noch gut ab. Für Gebrauchtwagenkäufer empfehlen sich so gesehen die jüngeren Gebrauchten der dritten Modellgeneration.
In den Jahren 2009 und 2010 noch durchwachsen, hat sich der Van aus Sicht des ADAC ab 2011 zu einem pannensicheren Auto entwickelt. Zu den häufigsten Gründen, aus denen die Pannenhelfer ausrücken, gehörten defekte Anlasser bei zwischen 2009 und 2010 produzierten Exemplaren. Noch zwei Jahre länger machten die Ladedruckregelungen für Dieselmotoren Probleme. Verstopfte Partikelfilter traten gehäuft bei Autos der Baujahre 2010 bis 2011 auf.
Bislang hat der ADAC insgesamt vier Rückrufaktionen gezählt, die insgesamt aber nur gut 5500 Fahrzeuge betrafen. Die erste Aktion von Ende 2009 war gleich die größte. Der Grund: Die Schweißnaht am Übergang zwischen Pedalplatte und Pedalhebel konnte einen Riss aufweisen – mit der Gefahr, dass sich die Platte löst und der Fahrer von der Bremse rutscht.
Der Renault Scénic kam 1996 als Mégane Scénic (Typ JA) auf den Markt und war damit in Europa ein früher Vertreter der Kompaktvans, wenn auch Renault das Segment mit ihm nicht erfunden hat. Die zweite Generation (JM) kam 2003 auf den deutschen Markt. Um das Raumangebot nicht nur variabel zu gestalten, sondern auch noch größer, kam 2004 die Version Grand Scénic mit längerem Radstand und dritter Sitzreihe zu den Kunden. Die dritte Generation (JZ) kam 2009 auf den Markt und wurde im Herbst 2016 von der aktuellen Modellgeneration abgelöst.
Klassentypisch arbeiten im Scénic nur Reihenvierzylindermotoren. Sie decken ein Leistungsspektrum ab, das keinen außerordentlich sportlichen Ansprüchen genügen würde. Die Benziner der JM-Generation leisten je nach Baujahr und Ausführung von 72 kW/98 PS bis 120 kW/163 PS, die Diesel von 60 kW/82 PS bis 110 kW/150 PS. Beim JZ liegen die Ottomotoren zwischen 81 kW/110 PS und 103 kW/140 PS, wobei es das schwächere Aggregat auch als E85-Version für den Betrieb mit Bioethanol zu kaufen gab. Die Selbstzünder liegen zwischen 78 kW/106 PS und 118 kW/160 PS.
Wer den E85-Exoten als Gebrauchten sucht, sollte im Falle des Scénic 1.6 16V 110 E85 Dynamique von 2009 mit 6750 Euro rechnen. Diesen Richtpreis nennt die Schwacke-Liste und geht dabei von durchschnittlich 97 200 Kilometern Laufleistung aus. Mit noch 11 700 Euro ist der Grand Scénic dCi 110 Expression mit 81 kW/110 PS von 2013 verzeichnet (70 200 Kilometer). Soll es ein junger Benziner sein, so sollten Interessenten im Falle des 2.0 16V 140 CVT Bose Edition mit 103 KW/140 PS von 2015 noch 17 450 Euro ansetzen (23 150 Kilometer).
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(dpa/tmn)